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9. März 2023Nachruf Peter Meissner
15. März 2023
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Wesko Rohde über die Entwicklung der Verbandsarbeit, die Versäumnisse der Nachwendezeit, nachhaltiges Theater und Vertrauensaufbau nach der Pandemie – ein Interview mit Karen Suender von Theapolis.
In der Reihe „Interessenverbände stellen sich vor“ präsentiert die Theater-Plattform theapolis im März die DTHG als einen der ältesten Berufsverbände Deutschlands. Wer glaubt, dass die Themen, mit denen sich unser Verband beschäftigt nur für Techniker:innen relevant sind, der irrt gewaltig.
Hier einige Auszüge aus dem Gespräch. Das komplette Interview lesen Sie hier >>>
Die DTHG ist einer der ältesten Berufsverbände Deutschlands, gegründet 1907 als Verband deutscher Bühneningenieure – was hat sich seit damals geändert? Was genau tut die DTHG heute, was sind die Schwerpunkte eurer Arbeit? Wie seid ihr organisiert?
Seit damals hat sich eine Menge verändert: Positiv ist die Entwicklung der Berufe und die stetige Öffnung der Theater für neue Technologien und Menschen und deren Entwicklung. Unbedingt positiv ist der Wille der Theatermenschen, kreativ zu gestalten und an Veränderungen – auch gesellschaftlichen – mitzuwirken. An diesem Punkt der innovativen und kreativen Orte hat sich seit hundert Jahren wenig verändert, und da liegt auch unsere erfreuliche Stärke. Wandel gehörte zum Prozess stets dazu.
Viele neue Menschen kamen vor allem in den letzten Jahren aus ähnlichen Bereichen dazu – die Branche und die Theaterlandschaft öffnen sich. Der Schwerpunkt unserer Arbeit ist die zukunftsorientierte Gestaltung der Orte und der beruflichen Entwicklung der Theatermenschen – und darüber hinaus. Es schadet nicht, auch Regeln von Zeit zu Zeit auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen – auch das ist Verbandsarbeit, und wir sind vor allem Leute aus der Praxis.
Das Team der DTHG besteht aktuell aus 42 Menschen für die unterschiedlichen Projekte, und dennoch sind alle einfach ansprechbare Gesprächspersonen.
Auf eurer Website steht, ihr seht euch als “Netzwerk, das sich über die Theatertechnik hinaus mit allen Menschen verbindet, die auf Veranstaltungsflächen zuhause sind”. Seid ihr also eher ein Netzwerk für alle Bühnenmenschen als „klassischer“ Techniker*innen-Interessenverband?
Wir sind keine Gewerkschaft, sondern ein Berufsverband. Bei aller Achtung der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen können wir Probleme und Lösungen manchmal befreiter benennen und so auch unabhängiger agieren. Wir arbeiten mit den Gewerkschaften und den Arbeitgebern gleichermaßen konstruktiv zusammen, das ist sehr gut und unsere Expertise wird bei beiden, aber auch in der Politik, sehr geschätzt. Diese Entwicklungen sind auch sehr positiv, vor allem für die 52 unterschiedlichen Berufe am Theater – auf und hinter den Bühnen. Kunst und Technik lassen sich im Tagesgeschäft einer Ensemblekunst gar nicht voneinander trennen.
Was wurde im Laufe der Jahre erreicht? Auf welche Meilensteine kann der Verband zurückblicken?
Das ist vor allem, den Fokus auf die Hardware zu legen: die Gebäude und deren Entwicklung. Da ist nach dem Mauerfall einiges liegengeblieben, aber aktuell entwickelt sich auf der Basis energetischer Maßnahmen wieder eine kreative Kraft und geht mit vielen Förderungen einher, die praktische Verbesserungen der Orte erreichen und Kosten sogar senken. Das Ingenieurstudium der Veranstaltungstechnik ist sicher noch ein Meilenstein der letzten Jahre, aber grundsätzlich ist es immer die Professionalisierung der Arbeit.
Meilensteine kommen stets dazu und sind Zeichen der kontinuierlichen Arbeit. Da sind zum Beispiel unsere Studie über den Förderbedarf von Privattheatern oder das praxistaugliche Theatre Green Book zu nennen, das aktuell von Hand zu Hand geht und deutliche Signale setzt, aber eben praktischer Leitfaden ist und nicht aus Sonntagsreden besteht wie viele andere Schriften. DTHG bedeutet: Machen nach dem Reden.
Weiterhin haben wir parallel zu Neustart Kultur eine Studie erarbeitet, die zukünftige Förderungen und ihre Notwendigkeiten genauer berücksicht. Ein echter Meilenstein für Fördermittelgeber.
Welche Themen sind in den letzten Jahren wichtig geworden?
Neben der nachhaltigen Arbeit und der wichtigen Aufgabe, Orientierung und individuelle Lösungen zu erarbeiten, sind die Ertüchtigungen der Arbeitsplätze und die Überprüfung der Regeln stark im Fokus.
Es hört sich oft anders an, aber Theater sind immer schon Orte der nachhaltigen Arbeit gewesen. Aus Kostengründen wurde das die letzen 30 Jahre in den Hintergrund gerückt, aber wir bauen genau auf unseren Erfahrungen wieder auf.
Das Theatre Green Book ist auch deshalb direkt auf den deutschsprachigen Raum erweitert worden und die Leistung der nachhaltigen Arbeit muss aus den Häusern und von den Fachleuten dort kommen. Das Buch wird super angenommen und nicht als zusätzliche Last empfunden. Das war für uns besonders wichtig.
Ein weiteres Thema ist der Brandschutz: 90 Millionen Euro Kosten durch Wasserschäden stehen 8.000 Euro Kosten durch Brandschäden gegenüber. Wer hier glaubt, die Regeln seien zeitgemäß, ist im Tiefschlaf.
Aber auch die berufliche Entwicklung der Menschen ist von großer Bedeutung, wenn Lebenswege nicht mehr linear verlaufen. Fortbildung bedeutet heute, sich einzelne Kompetenzen zu verschaffen, die für die aktuelle Tätigkeit und für einen selbst wichtig sind. Daran arbeiten wir vor allem auch im Rahmen der IGVW Branchenstandards.
Was hat die Corona-Pandemie euch gelehrt?
Vor allem Demut – und dass nichts in Stein gemeißelt ist. Wir haben der Politik und den Gremien schnell die helfende Hand ausgestreckt, das war sehr viel wichtiger, als Forderungen aufzustellen. Wir wollten auch hier Dinge entwickeln, die nachhaltig solchen Geschehnissen in der Zukunft vorbeugen bzw. deren Schwierigkeiten mildern. Das ist mit dem Fortführen der pandemiebedingten Investitionen in Neustart Kultur wirklich optimal gelungen.
In Neustart Kultur – dem erfolgreichsten Förderprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik – durften wir 110 Millionen Euro in zwei Programmen ausgeben. Das hat den Menschen in den Theatern und Kulturorten wirklich nachhaltig geholfen und die besondere Kulturlandschaft sicher mit gerettet. Ich bin da auch persönlich sehr positiv und nicht geneigt, immer nur graue Wolken zu sehen. Auch wenn sich das Publikum aktuell noch etwas Zeit lässt, wird es bald wieder kommen.
Mit dem Lüftungszertifikat arbeiten wir ebenfalls daran, Vertrauen in die Häuser zurückzugewinnen. Theater, Kinos, Konzert- und Opernhäuser können hier Wirkung ihrer Lüftungsanlagen ganzheitlich prüfen lassen. Das Verfahren ist sehr einfach und für alle Häuser kostenfrei, weil die Beauftragte für Kultur und Medien (Danke!) die Kosten trägt.
Das komplette Interview lesen Sie hier >>>
Bild: Benjamin Westhoff