DTHG Mitgliederversammlung 2022
3. Juni 2022NV-Bühne: Keine Einigung zwischen GDBA, VdO, BFFS und DBV
7. Juni 2022In Ulm lebte im 17. Jahrhundert der Architekt, Mathematiker, Mechaniker und Ingenieur Joseph Furttenbach.
Das Theater verdankt ihm viele technische Erfindungen. Eine Ausstellung über sein Wirken wird begleitend zur 61. Bühnentechnischen Tagung in der Donauhalle der Messe Ulm zu sehen sein.
Die Schau zeichnet die Stationen des alten Meisters nach, angefangen beim Studium der Baukunst in Rom, Furttenbachs Ausbildung im Festung- und Grottenbau und der Feuerwerkskunst sowie der Ausbildung im Ingenieur- und Artilleriewesen in Genua, bis hin zur Lehre an der Kriegs- und Kunstakademie in Florenz. Wir erfahren, welche großen Gelehrten Furttenbachs Vorbilder und Wegbegleiter waren und tauchen tief ein in Furttenbachs große Schaffenszeit in Ulm.
Joseph Furttenbach wurde am 30. Dezember 1591 in Leutkirch (Württemberg) als 20. Kind des Forstmeisters und evangelischen Rats- und Bauherrn Hieronimus Furttenbach geboren. Nach seiner Schulzeit ließ er sich der kaufmännischen Tradition seiner protestantischen Familie folgend für den Handelsstand ausbilden. 1605 reist er nach Italien, da seine Familie dort intensive Handelsbeziehungen pflegte. Zunächst lebte er zwei Jahre lang in Mailand, wo er die italienische Sprache lernte und das weltweit anerkannte Handelssystem Italiens sowie die „Venezianische Methode“ – das System der doppelten Buchführung mit Soll und Haben – studierte. In Rom studierte er Baukunst, in Genua ließ er sich in Festungs- und Grottenbau inklusive Ingenieurs- und Artilleriewesen sowie Feuerwerkskunst ausbilden. In Florenz besuchte Furttenbach die Kriegs- und Kunstakademie des Architekten und Dekorateurs Guilio Parigi. Weitere italienische Vorbilder Furttenbachs waren Luca Pacioli, Galileo Galilei, Filippo Brunelleschi, Leonardo da Vinci, Sabastiano Serlio, Giovanni Aleotti, Andrea Palladio, Vincenzo Scamozzi, Nicola Sabbatini und Giulio Troili.
1620 kehrte Joseph Furttenbach nach Leutkirch zurück, ab 1621 lebte er in Ulm und arbeitete dort in leitender Stellung in einem Handelshaus. Hier war er dann auch als Ingenieur und Architekt tätig, entwarf eine Grottenanlage und verfasste seine Reise-Chroniken. In der Folge veröffentlichte Furttenbach auch Abhandlungen über Feuerwerke, Geschütz- und Waffenbau, Schiffsbaukunst, Zivil-, Schloss- und Gartenbaukunst, Gebäudetypen, Mess- und Zeicheninstrumente, mathematische und mechanische Untersuchungen.
1631 wurde Joseph Furttenbach zum Stadtbaumeister der Freien Reichsstadt Ulm ernannt, ein Jahr später erhielt er die Bürgerrechte und die Familie Furttenbach wurde von Kaiser Ferdinand II. in den Ritterstand erhoben. Ab 1640 bemüht sich Furttenbach darum, die Schäden des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) in der Stadt zu beseitigen. Als Bauherr gestaltete er ein Lazarett um, errichtete ein Spital für Pest-Erkrankte, entwarf Gärten, Brunnen, ein Wasserwerk, ein Schulgebäude und er schuf Festungsanlagen, die Ulm zu einer der stärksten Festungen seiner Zeit machten. Im ehemaligen Dominikanerkloster entwarf er das erste deutsche Theater mit beweglichen Kulissen und entwickelte viele Dekorationen und Entwürfe für Theatermaschinerien.
Am 17. Januar 1667 verstarb Joseph Furttenbach in Ulm. Heute gilt er als einer der wegweisenden deutschsprachigen Architekten und Baumeister der Spätrenaissance. Jedoch ist keines der von ihm entworfenen Gebäude in Ulm erhalten geblieben. Die Ausstellung ist ein beeindruckendes Zeitdokument und eine große Bereicherung für das Programm der Bühnentechnischen Tagung am 29. und 30. Juni 2022 in Ulm.
Die Schau wurde konzipiert vom Büro für Bühnentechnik und ihre Geschichte, alias Klaus Wichmann und Winfried Kutsch, die mit ganzer Leidenschaft Theatergeschichte leben und in ihren Ausstellungen Kulturgeschichte und traditionelle Theatertechniken immer wieder neu mit Leben zu füllen vermögen. Auch die Ausstellung über Joseph Furttenbach zeigt zahlreiche traditionelle Theatertechniken, die bis hinein ins digitale Zeitalter von Interesse sind.
Gestaltet und erarbeitet wurde die Ausstellung von Winfried Kutsch, nach einer Idee von Klaus Wichmann. Mehr Informationen gibt es unter www.buehnentechnik-und-ihre-geschichte.berlin.
Text: Frieda Grube (DTHG Kommunikation & Öffentlichkeitsarbeit)
Bild: www.buehnentechnik-und-ihre-geschichte.berlin