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21. Februar 2022Zwei Weltkriege, Weltwirtschaftskrisen, 40 Jahre geteiltes Deutschland und die Coronavirus-Pandemie:Das alles hat die DTHG überlebt. 1907 von theatertechnischen Enthusiasten gegründet, erlebt der Verband derzeit eine Renaissance. Aber wie war es vor 100 Jahren? Hubert Eckart, Autor der zweibändigen Chronik der DTHG, erzählt in dieser Rubrik die Geschichte der DTHG noch einmal.
1922 (Teil 2) – Umbauten
Die wechselvollen gesellschaftlichen Ereignisse der 1920er Jahre spiegeln sich auch in der Geschichte der DTHG wider. Nachdem die Zugehörigkeit zur Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger und die Durchsetzung eines eigenen Tarifvertrages für technische Bühnenvorstände abgeschlossen waren, konnte sich der zahlenmäßig stark gewachsene Verband wieder mehr den Fachthemen widmen. Und daran bestand kein Mangel. Trotz der einsetzenden Inflation entstanden viele Theaterneubauten und bereits bestehende Theater wurden in großem Umfang mit neuen bühnentechnischen Anlagen ausgestattet.
In Halle/Saale wurde ein 1000 Besucher fassendes neues Operettentheater unter der Bezeichnung “Hallisches Operettentheater“ eröffnet. Es entstand nach Entwürfen der Architekten Fritz Schatz und Georg Lindner.
Das Bühnenhaus des im Jahre 1765 erbauten “Alten Theaters“ in Leipzig sollte einem grundlegenden Umbau unterzogen werden.
Ein Umbau der Bühne im Stadttheater Plauen i.V. sollte 1922 unter der Leitung von M. Hasait vorgenommen werden. Dabei war die Einrichtung eines Rundhorizontes vorgesehen.
In Darmstadt wurde im selben Jahr ein zweites neues Theater eröffnet, welches dem Betrieb des Landestheaters angegliedert wurde. Es handelte sich um den nunmehr siebten Umbau eines im Jahre 1606 errichteten Reithauses, welches 1670 erstmalig als Theater genutzt wurde. Es sollte neben dem großen Theater als “Kleines Haus“ für Kammerspiele und Spieloper Verwendung finden.
Die große Volksoper in Berlin eröffnete ihre erste Spielzeit am 1. September 1922 im “Theater des Westens“, welches mit neu angelegten Maschinen- und Beleuchtungseinrichtungen, wozu auch ein Rundhorizont gehörte, versehen wurde.
Das in der Berlin-Charlottenburger Hardenbergstraße 6 im Renaissancebau des Motivhauses befindliche Terra-Theater, welches bisher als Kino verwendet wurde, wurde unter Leitung des Architekten Arnold v. Goedecke vollkommen umgebaut und sollte im Herbst als Schauspielhaus unter dem Namen “Renaissancetheater“ wieder eröffnet werden.
Beim Interimstheater in Dessau, das auf Jahre hinaus das niedergebrannte Friedrich-Theater ersetzen sollte, wurde Richtfest gefeiert. Der Umbau der einstigen Reitbahn, die schon einmal nach einem Theaterbrande der Kunst Unterkunft bot, erfolgte nach Plänen des Technischen Direktors des Dresdener Schauspielhauses, A. Linnebach.
Das frühere alte Hoftheatergebäude in Greiz, welches in den letzten Jahrzehnten als Geräteraum des fürstlichen Schlosses Verwendung fand, wurde durch den Greizer Architekten A. Obersöll und dem Techn. Direktor der Leipziger Städtischen Bühnen Wilhelm Dobra renoviert und umgebaut. Das kleine intime Parktheater nach Art der Lauchstädter Bühne sollte für Festaufführungen, Kammermusik und Vorträge genutzt werden.
Das Stadttheater in Saarbrücken wurde einem Umbau unterzogen, der dem Zuschauerraum einen Ausbau des zweiten Ranges sowie eine Neugestaltung des Foyers brachte. Im Bühnenhaus wurde eine beträchtliche Vertiefung der Bühne, eine Vergrößerung des Orchesterraumes, der Einbau einer Probebühne und einer neuen Beleuchtungsanlage, sowie einer Rundhorizontanlage geschaffen.
Die neue Oper am Königsplatz in Berlin, die auf dem Gelände und unter Umbau des alten Kroll‘schen Theaters entstanden ist, wurde am 1. Januar eröffnet. Den Bau leitete Architekt Kauffmann, der Erbauer der Komischen Oper. Die technischen Einrichtungen projektierte der Technische Direktor der Berliner Staatsoper Unter den Linden Georg Linnebach. Der Zuschauerraum faßte 2400 Plätze, also nächst dem Großen Schauspielhaus einer der größten Berlins. Das Bühnenhaus und die Hinterbühne waren etwa 25 Meter tief (von der Rampe zur Rückwand gemessen) und 24 Meter breit, dazu kamen noch die Seitenbühnen mit zusammen 30 Metern. Es wurde das System einer Schiebebühne verwendet, um die Dekorationen der Staatsoper mit benutzen zu können. Der Orchesterraum bestand aus drei versenkbaren Abschnitten.
In einer anderen Meldung hieß es: “Am Bahnhof Friedrichstraße wurde das Theater im Admiralspalast für die Revue großen Stils eröffnet. Der Zuschauerraum mit 3000 Sitzplätzen stellte damit Berlins größtes Revuetheater dar. Die bisherige Bühne des Admiralspalastes wurde der neuen Verwendung entsprechend umgebaut. …
Im Klindworth-Scharmenka-Saal wurde eine neue Bühne mit 700 Sitzplätzen als “Theater in der Lützowstraße“ eröffnet. Im Schwechtensaal wurde eine neue Bühne unter dem Namen “Das Theater“ eröffnet.
Unter dem Namen Kleines Lustspielhaus wurde in Hamburg am 1. März in den Räumen des früheren Kleinen Theaters eine neue Bühne eröffnet.
Das Kurtheater in Ober-Schreiberhau im Riesengebirge wurde vollständig umgebaut, Zuschauerraum sowie Bühne vergrößert und mit einem Orchestergraben ausgestattet.
Der Nürnberger Stadtrat beschloß, das alte Stadttheater, einen hübschen Empirebau, auszubauen und als Städtisches Schauspielhaus umgehend in Betrieb zu nehmen.
Im Landestheater in Oldenburg wurden während des Sommers die Bühne und der technische Apparat neu gestaltet. Ein Rundhorizont wurde, unter Leitung des Direktors Hasait vom Dresdner Opernhaus, eingebaut. Das Kammerspielhaus im Festsaal des ehemaligen großherzoglichen Schlosses soll im Herbst fertiggestellt werden.
Eine neue Industriestadtbühne in Oberhausen entstand Ende September durch die Vollendung des Stadttheaterumbaus. …
Die erste Drehbühne in Frankreich wurde im Grand Theatre von Lyon installiert, welche aber durch Kritiker und Regisseure stark bemängelt wurde. Erstere beanstandeten, dass während der Vorstellung auf dem, dem Publikum abgewandten Teil, die Theaterhandwerker beim Umbau der Szene zuviel Geräusch gemacht hätten. …
Im kleinen Theater des Schauspielhauses in Berlin wurde das Parkett von 400 auf 600 Plätze erweitert. Das Goethe-Theater in Berlin eröffnete am 20. Oktober, nach Umbau des ehemaligen Gemeindehauses der französisch reformierten Gemeinde, eine neue Spielstätte. Die Bühne 72 qm Grundfläche; der Zuschauerraum 600 Plätze im Parkett und 250 in einem neu eingebauten Rang. Dem Bühnenhaus wurde ein dreistöckiger Anbau angefügt mit geräumigen Garderoben, Arbeitssälen, Kulissenhaus usw.
Der Umbau des Alten Stadttheaters in Chemnitz wurde vollendet. Die Errichtung eines völlig neuen modernen Theaters scheiterte an den Kosten. So wurde das Alte Stadttheater mit einem streng begrenzten Budget von 953000 Goldmark nach neuesten Erkenntnissen modernisiert. Im alten Theater bekam das Schauspiel sein Domizil, das bestehende Neue Theater wurde von der Oper bespielt und das so genannte Zentraltheater Chemnitz diente der Operette.
Der Danziger Senat stellte für den Haushaltsplan des Folgejahres (1925) einen Betrag von 100000 Gulden als Rücklage für einen Theaterneubau ein. Darüber hinaus sollten die Ersparnisse im Haushaltsplan des bisherigen Stadttheaterbetriebes ebenfalls als Rücklage diesem Fond zugeführt werden.
Die Stadtverordneten in Essen beschäftigten sich ernsthaft mit dem Plan für ein neues Stadttheater, weil das derzeitig bestehende Haus, der sogenannte GRILLO Bau, in keiner Weise mehr ausreichte.
Die Theaterkommission der Stadt Görlitz beschloss im Stadttheater die Bühne mit neuer Beleuchtungsanlage, einem Rundhorizont und neuer Versenkungsanlage auszustatten. Die Arbeiten wurden in drei einander folgenden Bauabschnitten durchgeführt. Die Umbauten erfolgten nach Plänen des Berliner Technischen Direktors Georg Linnebach.
Nach dem Brande des Stadttheaters in Lüneburg 1921 erhielt die Stadt nach Plänen des Lüneburger Architekten Reith jetzt ein modernes neues Theater mit ca. 1000 Sitzplätzen, das zu Beginn der Spielzeit im Herbst eröffnet wurde.
Nach Plänen des Theaterarchitekten Lotz soll in der Nymphenburger Vorstadt Münchens eine neue Bühne gebaut werden, welche den Namen ‘Theater des Westens“ erhalten soll. Dieses Theater ist als Volksoper (wahrscheinlich nach Berliner Vorbild) gedacht und soll auch für Operetten genutzt werden. Die technischen Einrichtungen sind dergestalt geplant, dass auch Filmvorführungen dort stattfinden können. Baubeginn soll der Herbst sein.
Das Stadttheater Mönchengladbach wurde durch Einbau eines Rundhorizontes, einer modernen Beleuchtungsanlage sowie die Einrichtung einer Vorbühne einer umfassenden technischen Reform unterzogen.
Die Stadt Neuß am Rhein liess das Zeughaus, ein 1633 als Kirche entstandener Bau, welcher unter Denkmalschutz stand, zu einem Theater- und Konzertsaal umbauen. Der ehemalige Chorraum wurde Bühne und Konzertpodium; das Kirchenschiff zum Zuschauerraum mit 750 Sitzplätzen. Das Äußere des Baues wurde restauriert.
Am 19. September wurde in Pforzheim das völlig umgebaute Viktoriatheater als städtisch subventioniertes Schauspielhaus eröffnet. Unter Leitung von Dipl.-Ing. Walther Unruh, welcher seit 1923 als Betriebsinspektor am Badischen Landestheater in Karlsruhe tätig war, wurde der Gesamtumbau der Bühne, welche eine völlig neue Obermaschinerie, Rundhorizont, Portalbühnenrahmen und neuzeitliche Beleuchtungsanlage erhielt, geplant und geleitet.
In Reydt beschloß, unter Teilnahme der Stadt, eine Vereinigung von Bürgern den Bau eines Stadttheaters. Die Hälfte der dafür erforderlichen Bausumme von 1,5 Millionen Goldmark wurde bereits von den Bürgern aufgebracht.
Diese Aufzählung der Theater und der Bauvorhaben ist nicht vollständig. Im Jahr 1925 veröffentlicht die BTR (Heft 5) eine Übersicht über die Anzahl der in Europa existierenden Theater, wobei es sich um einen Nachdruck aus einer französischen Zeitschrift handeln soll. Darin werden über 2.500 Theater aufgelistet:
Frankreich: 596
Italien: 544
England: 372
Deutschland: 364
Spanien: 228
Belgien: 94
Osterreich: 75
Russland: 62
Niederlande: 56
Schweiz: 43
Schweden: 37
Norwegen: 28
Serbien: 18
Bei dieser Statistik wurden nur Theaterunternehmen berücksichtigt, welche in festen Häusern dauernden Betrieb unterhielten. Trotz seiner internationalen Bedeutung im Theaterbereich rangierte Deutschland erst an vierter Stelle.
(Fortsetzung folgt)
Beitragstext und Bilder: Hubert Eckart (Geschäftsführer DTHG Service GmbH)
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