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Was macht eigentlich: Rudi Kunz?
Berühmte Persönlichkeiten hautnah
von Wesko Rohde
Seine Erfindung hat ihm zu gewissem Ruhm verholfen, er blieb aber bodenständig und passte sich stets dem Zeitgeist an.
Über seine Erfindung verliert er kein Wort mehr: Gewesen ist gewesen, sagt er. Auf zu neuen Ufern.
Rudi Kunz ist Nachhaltigkeitsbeauftragter im Hause Kunz.
Seine Frau Ilse hatte nach langen und harten Verhandlungen in den frühen Morgenstunden der letzten Septemberwoche des Jahres 2021 seinen legitimen Anspruch anerkannt und ihm ihre 50% der Stimmen des Haushalts gegeben. Immer diese Nachtaktiven. Wichtige Entscheidungen bedürfen der frühen Morgenstunden.
Erste einschneidende Maßnahmen im Hause Kunz waren die sofortige Einstellung von im Auto zu erledigender Einkäufe, die vorzugsweise von Ilse durchgeführt werden müssen. Die sieben Kilometer zum Aldi legt Ilse nunmehr mit ihrem Hollandrad nachhaltig zurück, für Rudis Bier wurde kurzerhand ein kleiner Anhänger gekauft, den Ilse durch die schöne Landschaft des Vogelsberg fährt. Kardiotraining plus, Ilse wird mindestens 98.
Seit seiner Frühpensionierung ist Rudi nicht mehr so gut mit den Rad unterwegs, daher auch die Übernahme der koordinierenden Beauftragung als interner Nachhaltigkeitsmanager Rudi Kunz, kurz: NahaRuKu genannt. Das operative Geschäft erledigt Ilse. Gelebte Arbeitsteilung im moderneren Unternehmen oder eben der modernen, auf Augenhöhe agierenden Familie.
Die beste Waffe gegen die Erderwärmung ist Rudis Meinung nach die Umstrukturierung der haushaltsnahen Leistungen durch Ilse und die neue Bank im Garten, auf der Rudi täglich bis zu 8 Stunden das Thema bedenkt und mit sich diskutiert. Aus seiner beruflichen Erfahrung als leitender Amtsboote der Stadt ist ausreichend Expertise vorhanden und es verstellen ihm falsche Qualifikationen und tiefere Erkenntnisse nicht den Weg.
Auch wenn Rudis Kurs in der Siedlung nicht völlig unumstritten ist, sein Beispiel hat Strahlkraft über sein Grundstück hinaus und setzt Zeichen.
So geht richtiges Leben. Rudi Kurz-Vorbild für alle.
Und so kam es dann auch:
In der Siedlung sind insgesamt 9 weitere Nachhaltigkeitsbeauftragte unterschiedlichen Geschlechts unterwegs, je nach dem Ausgang der internen Abstimmungen. Eine Nachhaltigkeitsgruppe in der Siedlung hat sich umgehend zusammengefunden und tagt regelmäßig. “Es ist wichtig, die Diskussionen zu führen!” so der Leiter der Gruppe.
Jeden Donnerstag macht sich eine Fahrradkollonne auf in Richtung Aldi, alles nachhaltig, bilanziert und überwacht.
Eine Tabelle weist die mögliche Reduktionen minutiös aus, nachvollziehbar und zukunftsweisend. Die Gruppe erfasst alles.
“Aktuell sind unsere Verbräuche aufgrund der häufigen Sitzungen sogar angewachsen, aber nach der Transformation wird sich das ändern! Vorerst wird mit dem Rad eingekauft, das gleicht das aus!“ so Rudi.
Seit Rudi jeden Morgen mit dem Ruf: “Lasset die Transformation beginnen!” startet, regt sich bei Ilse Widerstand. Auch Ihre Nachbarin Lucie Hübner hat sich angeschlossen, weil wichtige Arbeiten wie die Reparatur der Regenrinne zum nachbarlichen Regenfass aufgrund der dauerhaften Diskussionen der Beauftragten nicht mehr durchgeführt werden. “Soll ich jetzt das Blumenwasser aus dem Hahn holen, weil der feine Herr Beauftragter keine Zeit zum Arbeiten hat?” So die Nachbarin, die früher Salate und anderes Gemüse im eigenen Garten gezogen und gewässert hat. “Dafür ist aktuell keine Zeit mehr!”, sagt sie mit dem Ausdruck des Bedauerns. “Aus Zeitgründen kaufen wir Gemüse jetzt im Supermarkt. Sie verstehen, die vielen Treffen der Gruppe. Es ist einfach nicht mehr drin und es kommt auch guter Salat aus Ägypten!”
Ilse spricht über die Häuser, die alle älter als 50 Jahre sind: “Wir hatten ein Blockheizkraftwerk geplant, um alle Häuser in der Siedlung anzuschließen. Damit ließen sich 50 % der derzeitigen Energieverbräuche sparen, aber leider bekommenen wir keine Handwerker mehr!“
“50 Prozent sind nicht 65!” so sagt es der Rudi, und man kann nicht widersprechen.
Ilse erwähnt, dass eine ergänzende Photovoltaikanlage erst an der Genehmigung und dann am Einbau für die unterschiedlichen Eigentümer scheiterte.
“Es gibt kein falsches Leben im richtigen!”, beendet Rudi die überflüssige Diskussion frei nach Adorno.
Am nächsten Vormittag sorgt ein Anschlag am schwarzen Brett der Siedlung für Zündstoff:
Tausche 10 Transformationsbeauftragte gegen einen richtigen Handwerker! gez. IK
Nach der erlebnisreichen Zeit bleibt bei mir nur eine Frage offen:
Für wie viele Transformationsbeauftragte bekommt man eigentlich einen guten Beleuchtungsmeister?
Von Teelöffeln und Socken
von Hubert Eckart
Es sind nicht immer die großen Dinge, die die Zeitläufte bestimmen. Auch viele kleinen Ereignisse, die wir zwar wahrnehmen, ihnen aber nicht die gebotene Aufmerksamkeit schenken, sollten nicht unbeachtet bleiben.
Zum Beispiel verschwinden weltweit überdurchschnittlich viele Teelöffel in Kantinen, Büros, Mensen, Speisewagen,, Co-Working Spaces. Jeder kann das leicht nachprüfen. Geht man davon aus, das dereinst zur Grundausstattung die gleiche Anzahl an Messern, Gabeln, Löffeln und eben Teelöffeln gehörten, müssten bei einer Inventur auch anhähernd die gleiche Anzahl jeweils noch vorhanden sein. Ist es aber nicht. Machen Sie den Test und Sie werden feststellen, dass überdurchschnittlich viele Teelöffel fehlen.
In Deutschland könnten jährlich ca. 288 Millionen Teelöffel verschwinden bzw. müssten ersetzt werden!
Das ist kein Pappenstiel.
Umso erstaunlicher, dass sich bisher niemand hierzulande mit dem Thema beschäftigt hat.
Dafür aber glücklicherweise in Australien.
Drei Wissenschafter des Center for Epidemiology and Population Health Research in Melbourne waren in der Lage, ihr angestammtes Fachgebiet zu verlassen und wissenschaftlich das Phänomen zu untersuchen.
“70 neu gekaufte Teelöffel – davon 16 extra teure – wurden diskret nummeriert (mit Nagellack) und in den 8 Teeküchen des Instituts verteilt. Danach wurden die Löffel über 5 Monate wöchentlich gezählt. Nun wurden alle Institutsmitarbeiter über den bis dahin geheimen Versuch informiert und aufgefordert, allfällig in eigenen Schubladen, Handtaschen usw. entdeckte Löffel zurückzubringen.
Die Resultate sind einigermassen verblüffend: In den 5 Monaten waren 56, d. h. 80 Prozent, von 70 Löffeln verschwunden. Der Appell zur Rückerstattung hatte nur 5 Stück eingebracht. Die Halbwertszeit von Teelöffeln liegt damit bei 81 Tagen, will heissen: Nach 81 Tagen war jeweils die Hälfte der Löffel verschwunden. Die Qualität der Löffel dagegen erwies sich als statistisch irrelevant – billige verschwanden ebenso schnell wie teure.“
(NZZ vom 8.1.2006)
“Die enorme volkswirtschaftliche Bedeutung ihres Befundes erhellen die drei Forscher, indem sie diese Zahlen auf die arbeitende Bevölkerung von Melbourne hochrechnen (2,5 Millionen): Laut ermittelter Schwundrate verschwinden hier jedes Jahr 18 Millionen Teelöffel alleine am Arbeitsplatz.” Rechnet man das Ergebnis auf die Verhältnisse in Deutschland um (ca. 40 Mio. Beschäftigte) ergibt dies einen Löffelschwund von 288 Millionen!
“Angespornt vom Erfolg der Teelöffel-Studie beschäftigten sich zwei Forscher auch mit dem berühmten Sockenphänomen. Werden Socken wirklich von Waschmaschinen gefressen? Der Statistiker Geoff Ellis und der Psychologe Simon Moore entwickelten sogar eine Formel für den Sockenschwund. Der sogenannte Socken-Verlust-Index berechnet die Wahrscheinlichkeit für verschwundene Socken mit: (L(p x f) + C(t x s)) – P x A. L steht dabei für die Wäschemenge, die sich aus der Multiplikation der Anzahl der Haushaltsmitglieder (p) und der Anzahl der Wäschen pro Woche (f) berechnet. C bringt die Komplexität einer Wäsche zum Ausdruck: Die Art von Wäsche, also Koch-/Feinwäsche oder Bunt-/Weißwäsche. (t) wird malgenommen mit der Anzahl der Socken (s). Davon abgezogen wird die Multiplikation aus P und A. P entspricht dabei der persönlichen Motivation zum Waschen und A der Aufmerksamkeit, die derjenige, der wäscht, der Aufgabe widmet.“
(Stuttgarter Nachrichten vom 18.11.2018)
Solche Forschungen sollten unverzüglich in der Gruppe der Nachhaltigkeitsmanager diskutiert werden.