Neu im DTHG-Büchermarkt (Podium 3/2021)
14. Juli 2021MusterVstättVO Einwendungen DTHG
14. Juli 2021Von Laubbläsern und Nachdenkern
Wir brauchen uns bis zu einem generellen Verbot von Laubpustern nicht über Nachhaltigkeit zu unterhalten. Weiterhin sollten Menschen, die regelmäßig Laubpuster verwenden, in langwierigen Präsenzseminaren wieder vorsichtig zurück ins Leben geholt werden. Das kann meinetwegen auch die Krankenkasse bezahlen. Sollte sie sogar!
Ich weiß nicht, ob jedermann das auch bestätigen kann, aber ich neige eigentlich nicht zu kriegerischen Gelüsten und ich bin auch kein großer Freund von Regelungen, die meine Vernunft nicht anerkennen kann. Wer kommt denn dann aber auf die Idee, dass ein Gebläse mit 100 dba und einem zielgerichteten Luftstrahl effizienter ist als ein freundlicher breiter Laubbesen, den man in meditativen halbkreisenden Bewegungen den natürlichen Ab-Fall der Bäume zusammenrechen lässt?
Ob Profis oder mein wahnsinniger Nachbar – am liebsten möchte ich Ihnen den Pusterich aus den Händen reißen und schreien: “Ich fege es schnell für Sie zusammen, das dauert nur halb so lange und macht weniger Krach!” Aber ich dringe nicht durch und mir fehlt die nötige Aggressivität.
Das fatale an den Dingen ist, dass eine Gewöhnung eintritt und wir so manche Dinge, die uns im Alltag als Irrsinn begegnen, nicht so solche erkennen können oder wollen.
Städte und Gebäude speichern kein Wasser, Dächer sind glatt und meist ohne Grün, die Wege und Straßen sind versiegelt, Wasser muss aufwendig abgeführt, gesammelt und gereinigt und – im schlimmsten Falle – abgepumpt werden. Wir brauchen es ja wieder und es regnet schön regelmäßig von oben einfach nach.
Noch! Eine von vielen Facetten, bei denen wir im Abweichen von aktuellen Gewohnheiten wirklich zukunftsorientiert sein könnten. Es gibt Häuser, an denen könnte man das alles ausprobieren. Theater, Orte moderner Technologien als regenerative und hochwertige Arbeits- und Lebens-Orte. Das würde ich mir wünschen. Können wir das nicht einfach machen!? Einfach damit anfangen und die Städte zu postpandemischen Marktplätzen der Kultur und des bejahenden Zusammenlebens machen.
Was das alles mit meinem Nachbarn und einem Laubpuster zu tun hat? Ich weiß es auch nicht, aber das eine regt mich auf und das andere will ich haben!
Tschüß Laubpuster!
Wesko Rohde
Verschiedene Organisationen der Kreativbranche aus Europa haben dazu aufgerufen, einen Pakt für Kompetenzen (pact for skills) zu schließen. Auf den ersten Blick mag das verwundern. Wer könnte etwas gegen kompetente Menschen haben? Und weshalb muss man dazu einen Pakt schließen?
Um das zu erklären, müsste man weiter ausholen, es ist ein weites Feld. Man kann es auch am Beispiel des ETTE-Projektes (ein Modell der kompetenzorientierten Ausbildung für sicheres Arbeiten auf der Bühne) erläutern: Das Handbuch wurde inzwischen in die Sprachen Englisch, Niederländisch, Schwedisch, Russisch, Chinesisch (Mandarin) und Deutsch übersetzt und ist kostenlos verfügbar. Das Projekt erhielt eine Auszeichnung der europäischen Kommission als sehr gelungenes Erasmus-Programm, aber in keinem einzigen Staat wurde es als offizielles Ausbildungsmodell anerkannt.
Man kann aber auch einfach darauf verweisen, dass wir lieber Laubbläser als Reisigbesen verwenden. Wenn man etwas länger darüber nachdenkt, kommt man zum selben Ergebnis: Warum soll man etwas Vernünftiges tun, wenn es auch anders geht? Der Laubbläser bläst von allein (zwar ohne Erfolg), mit dem Reisigbesen muss man selbst arbeiten und kompetent sein. Oder sollte es womöglich so sein, dass geheime Kräfte gar nicht an allzu viel Kompetenz interessiert sind? Honi soit qui mal y pense!
So lange der Mensch vor lauter Laubbläserlärm nicht darüber nachdenken kann, was er da eigentlich tut, kann er auch nicht auf vernünftige Gedanken kommen. Und so lange wir in Deutschland keine kompetenzbasierte Ausbildung für Theatertechniker haben, sondern einen Flickenteppich von Länderzuständigkeiten, so lange haben wir auch keine Lehrbücher, keine Weiterbildung von Berufsschullehrern, nur in 50% der Schulen WIFI und am Ende auch ein gravierendes Nachwuchsproblem.
In der Didaktik kennt man drei Gründe für mangelnde Kompetenz: Nicht wissen, nicht können und nicht wollen!
Gegen Nicht wissen hilft lernen, gegen Nicht können hilft üben, aber gegen Nicht wollen hilft nichts. Auch keine Laubbläser.
Hubert Eckart
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