Flackerlicht: Heute ist ein schöner Tag

Die Lust ist der Anfang eines glücklichen Lebens

Epikur

Heute ist ein schöner Tag. Leider völlig irrelevant.

Denn gelebt wird ja ohnehin nicht im Jetzt, sondern ausschließlich in den kommenden Tagen – dort, wo Messen lauern, Gremien tagen, und Kalenderseiten wie Dominosteine in den Abgrund der Selbstüberforderung kippen. Im Dasein als termitiges Terminwesen kann man wunderbar vorarbeiten, nacharbeiten oder wenigstens so tun, als hätte man irgendwann mal irgendwas erledigt. Nur eines tut man nicht: fröhlich Leben.

Dabei läge die Gegenwart so nah – vielleicht in einem dicken Stück Erdbeerkuchen mit Schlagsahne und einer Kugel Vanilleeis obendrauf. Kirschkuchen ginge auch, aber Erdbeere hat diesen gewissen Hauch von Jetzt. Wer den Moment nicht isst, hat ihn verpasst.

Denn, seien wir ehrlich: Unser Leben ist, kosmisch betrachtet, ein einziges kleineres Zwischenhoch zwischen zwei Urknallen. Warum also rennen wie der Hase vor dem Meeting, wenn man auch mal sitzen könnte wie der Buddha nach dem Nachtisch?

Das ist kein Aufruf zur Gleichgültigkeit, keine Einladung zur Dekadenz. Es ist nur eine kleine Gegenrede zum allgemeinen Zukunftswahn. Vielleicht wäre ja genau heute der Tag, an dem man einmal nicht plant, sondern bloß wahrnimmt. Den freundlichen Blick einer Kollegin. Den Wind auf dem Heimweg. Oder das leise Summen der Kaffeemaschine, das sich anhört wie ein resignierter Engel.

Ich jedenfalls gehe jetzt los und kaufe mir einen Globus von Deutschland. Die Welt da draußen ist verrückt genug – aber dieses Land hat seine ganz eigene Umlaufbahn

Wesko Rohde