Die Messe lebt
30. September 2022DPA Mikrophones: Mehr als 30 Jahre Audioqualität im Weltklasseformat
30. September 2022
Getting your Trinity Audio player ready...
|
Pablo Dornhege stellt Projekt Spatial Encounters beim Symposium im Konzerthaus Berlin vor.
Das Symposium „Klangerleben von Morgen – Eine Reise durch virtuelle Soundscapes“ am 23. September stand ganz im Zeichen immersiver Erkundungen quer durch die Kulturlandschaft. Das Konzerthaus Berlin hatte Experten aus Musik, Forschung, Architektur, Sound Engineering und Kulturmarketing in den Carl-Maria von Weber- Saal geladen, um gemeinsam Chancen und Herausforderungen von virtuellen Technologie in der klassischen Musikwelt zu diskutieren. Inspiration boten sechs vorgestellte Pionierprojekte innerhalb der experimentellen Landschaft immersiver Technologien in der Kultur, darunter das Projekt der digital.DTHG „Spatial Encounters – Hybridreale Begegnungsräume“
Konzerthaus-Intendant Sebastian Nordmann formulierte gleich zur Eröffnung seine Vision von einem erweiterten Kulturerlebnis jenseits vom analogen Konzert. Innerhalb der Wertschöpfungskette musikalischer Vermittlung vor und nach einem Konzertereignis gäbe es für ihn noch jede Menge Spielraum – insbesondere im Kontext klassischer Musik. Neue Formen zu entwickeln, ein Publikum anzusprechen jenseits der Frontalbespielung im klassischen Konzert sei für ihn daher Kernziel der aktuellen Forschungsarbeit.
Eines dieser Forschungsprojekte ist das Creative Europe Projekt „Aura – Auralisation of acoustic heritage sites using Augmented and Virtual Reality” unter der Leitung der BGZ Berliner Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit. Gemeinsam mit Partnern aus Italien und der Ukraine haben die HTW Berlin und das Konzerthaus auralisierte 3D Modelle des Konzerthauses Berlin, der Oper von Florenz und des Oper- und Balletttheaters von Lemberg realisiert und somit virtuellen Sound mit visuellen 3D Welten kombiniert. Was macht den Klang eines Musikstücks in verschiedenen Räumen aus und wie beeinflusst Architektur den Raumklang? Sophie Schauer, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt, stellte den Forschungsstand von Auralisation als Verfahren in der musikalischen Darbietung vor. Auralisation ist die künstliche Hörbarmachung einer akustischen Situation. Welche Erwartungen das Konzerthaus Berlin an dieses Verfahren hat, speziell für den Bereich Kulturmarketing, erläuterte Anne Eislein im Anschluss. Anne Eislein ist verantwortlich für den Bereich digitale Vermittlung am Konzerthaus Berlin.
Der Creative Director und XR Architekt Tim Deussen lieferte mit seinem Vortrag „Helios – Real Time und 3d Audio Installationen während der Kunstbiennale in Lindau“ einen weiteren spannenden Impuls. „Helios“ ist eine 3D- und Audioskulptur, die jeden Abend zum Sonnenuntergang der Biennale an einer GPS-Station am Bodensee zu erleben war. Für Helios komponierte Sebastian Morawietz ein Musikstück, das von Echtzeitwetterdaten aus Lindau gesteuert wurde. Es ging darum, etwas Ästhetisches zu schaffen in enger Verbindung mit der Natur. Die Natur sollte den Rhythmus und die Dramaturgie vorgeben – das Flugmuster der Skulptur Helios. Zunächst wurden die aufgenommenen Wetterdaten codiert und in insgesamt drei verschiedene Stimmungen geclustert und synchronisiert. Basierend auf diesen Stimmungen schrieb Sebastian Morawietz anschließend Kompositionen und Soundtracks, die den Rahmen vorgaben für die Installation. Die Projektvorstellung stieß eine rege Diskussion über die Rolle des Zuschauers oder -hörers innerhalb der Installation los. Wie bewegt sich das Publikum durch eine nicht-lineare akustische oder visuelle Installation? Was passiert mit dem Storytelling, wenn man gar nicht genau weiß, wo ein Rezipient in eine Inszenierung einsteigt? Was können Künstler:innen insbesondere aus dem Bereich Gaming lernen?
Im Spannungsfeld zwischen nicht-linearem und linearem Erleben bewegte sich auch das künstlerisch-experimentelle Projekt „Spatial Encounters“, vorgestellt von Pablo Dornhege. Das Projekt der digital.DTHG widmete sich der Frage, wie durch Virtual Reality ein hybrid-realer Bühnenraum entstehen kann, in dem sich Künstler:innen und Publikum treffen und gleichermaßen zu Akteur:innen und Gestalter:innen eines gemeinsam geschaffenen Erlebnisses werden. In einer experimentellen Arbeitsweise entwickelte das digital.DTHG–Team – gemeinsam mit Musiker David Wedel (Konzertmeister Gewandhausorchester Leipzig) – eine mögliche Antwort auf diese Frage. Im virtuell-musikalischen Begegnungsraum „Spatial Encounters“ tauchte das Publikum mit VirtualReality-Brillen in digitale Welten ein, durch ihre Bewegungen und ihre Beziehungen im Raum kreierten sie eine neue visuelle Szenerie, die dann live musikalisch interpretiert wurde.
Noch drei weitere spannende Pionierprojekte lieferten Gesprächsstoff über das reiche Potential virtueller Technologien für den Kultursektor. Jacob Richter, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, gab einen Überblick über die Begriffsdefinitionen von „Immersion“ und „Metaverse“ und stellte eine Querverbindung zur Entstehung der Immersion in der Malerei des 19. Jahrhunderts her.
Sounddesigner Max Kullmann führte mit seiner Präsentation „Gesprächige Auralisation – Geschichten mit Raum erzählen“ die Zuhörer in seine kreative Arbeit mit raumakustischen Artefakten ein, u.a. im Humboldt Forum Berlin. Und Andreas Grenz von der Firma theapro stellte Beispiele aus den Planungsprozessen virtueller Soundscapes in historischen Theatern vor.
Vielen Dank an Anne Eiselein (Konzerthaus Berlin) und Christine Sauter (BGZ Berlin) für die Organisation und vielen Dank allen Referenten für jede Menge Lust auf noch mehr virtuelle Theater- und Musikerlebnisse in der Zukunft.
Mehr zur Forschungsarbeit der digital.DTHG: https://digital.dthg.de/
Mehr zum Projekt „AURA“: https://aura-project.eu/288/
Text und Bild: Frieda Grube (Kommunikation DTHG)