Sieben Fragen an Digitalcoach Vincent Kaufmann über Gaming, VR und Theater.
Wie bist du zum Thema VR gekommen?
Ich kam in meinem Studium an der Beuth-Hochschule immer wieder mit Konstruktionsaufgaben in Berührung und begann, Bühnenräume in 3D zu bauen. In meinem Praxissemester am Burgtheater bekam ich die Aufgabe, das Theater in 3D nachzumodellieren. Danach machte ich VR im Bühnenmodellbau zu meinem Bachelor-Thema. Das überschnitt sich mit dem Start des Forschungsprojekts der digital.DTHG und nun bin ich hier.
Wie steht es momentan um VR im Theater?
VR im Theater bewegt sich immer im Spannungsfeld der drei Ressourcen Zeit, Kosten und Personal. 3D-Modelle und VR gibt es eigentlich schon sehr lange, auch im Theaterkontext. Aber bislang fehlte vielen das Geld und auch das interne Know-How. Theoretisch ist die Hardware relativ günstig und finanzierbar, aber meistens fehlt die Zeit, sich das Know-How anzueignen und das Personal. Die Frage ist, wie man VR kostengünstiger und anwenderfreundlich gestalten kann, damit es für Theater leichter ist, den Zugang zu kriegen.
Wo siehst du Überschneidungsmomente zwischen virtueller Welt und einer Theaterinszenierung?
Es gibt in jedem Fall Überschneidungsmomente zwischen Theater und Gaming, wenn es um die Gestaltung von Wirklichkeiten geht. Beim Gaming hast du eine Welt, die programmiert wird mit einer Story dahinter, nur eben computergeneriert. Man kann es mehr oder weniger linear durchspielen, wenn man den Multiplayer-Modus mal außen vor lässt. Hier ergibt sich sowas wie eine Live-Bühne, wenn man so will. In Hinblick auf die Produktionsprozesse sind Gaming und Theater aber zwei völlig verschiedene Felder. Beim Game steht von Anfang an das Ziel. Hier und da wird was umgebaut, aber man denkt grundsätzlich zielstrebiger. Am Theater wird auch mal eine Woche vor der Premiere alles umgeschmissen. Das würde beim Gaming nicht funktionieren.
Was können Theaterleute und Spiele-Entwicklernnen voneinander lernen?
Nehmen wir das Projekt De:Hive der HTW. In dem Forschungsprojekt entlang der Grenzen zwischen Performance und Gaming wird sehr deutlich, dass die Kommunikation zwischen Künstlerinnen und Game-Designerinnen erstmal geübt werden muss. Die Handschrift des Künstlers: Viel Dramaturgie, viel Story, aber bei der digitalen Gestaltung hapert es. Die Gamerinnen hingegen erschaffen erstklassige digitale Welten, aber ohne Inhalt und Story.
Siehst du künftig mehr Game-Designerinnen an den Theatern arbeiten?
Ich befürchte, die große Gaming-Industrie hat sehr viel bessere finanzielle Mittel, um Designerinnen und VR- Expertinnen zu bezahlen und zu binden als die Theater. Da müssen Gamedesignerinnen schon sehr überzeugte Theaterliebhaber*innen sein, wenn sie mit einer Bezahlung aus der Kultur ihr Know-How im Theater einsetzen. Wahrscheinlicher ist es, dass sich technikaffine Künstler das digitale Know-How aneignen und die Kunst machen.
Menschen, die zum ersten Mal eine VR-Brille tragen wirken oft etwas unbeholfen. Muss man Bewegung im virtuellen Raum neu lernen?
Nein, die Hemmschwelle im virtuellen Raum sinkt schnell. Nach ersten vorsichtigen Versuchen agieren die meisten Menschen genauso im VR-Raum wie in der Realität.
Wie lange kann man in so einem Raum sein? Wird es irgendwann ungesund?
Das hängt von einem selber ab. Nach einer gewissen Zeit werden die Augen müde, der Kopf drückt vom schweren Gerät.
Übelkeit im VR-Raum hängt von einem selbst ab und davon was man sieht. Wackelige Spielewelten machen schon Übelkeit. Aber wenn man sich langsam bewegt ist alles gut.
Interview: Frieda Grube (DTHG, Öffentlichkeitsarbeit)
Foto: Jannis Krone (Bühnentalente e.V.)