
Nachbericht zur DTHG-Regionaltagung „Oper Air“ auf der Wilhelmsburg in Ulm am 26. Juni 2025
25. September 2025
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Man darf die Trauben auch nicht zu hoch hängen…
Ich habe die Schnauze voll. Jeden Morgen gehe ich durch meinen Park, und jedes Mal liegt da derselbe Dreck: Flaschen, Scherben, Dosen, Papiertüten. Also habe ich angefangen, einen Müllbeutel mitzunehmen und einen Handschuh. Ich hebe das Zeug einfach auf. Nicht, weil ich mich für den besseren Menschen halte, sondern weil ich es nicht mehr ertrage, dass Kinder auf Spielplätzen zwischen Glasscherben spielen sollen. Das ist meine Transformation: kein Programm, kein Workshop, kein „Change-Management“. Nur ein Lappen, ein Beutel und die Entscheidung, dass es so besser ist.
Und während ich das tue, frage ich mich: Was zur Hölle machen eigentlich all die Transformationsmanager, Beauftragten und Prozessberater, die unser Land bevölkern? Sie reden über Transformation, sie moderieren, sie visualisieren. Aber sie heben keine Scherbe auf. Sie kriegen keinen Nagel in die Wand. Sie hantieren mit Agenden und Konzepten, aber nicht mit Hammern und Schrauben. Leider nerven sie nur..
Dabei rede ich noch gar nicht von den mit Stolz präsentieren CO2 Rechner des Landes Baden Württemberg, der nichts als Zeit und Papier fressen wird. Kenntnisfreie Transformation- die Sache läuft.
„Denkst du schon oder transformierst du noch?“ – dieser Satz verfolgt mich dabei wie ein Echo. Denn Denken heißt: prüfen, zweifeln, abwägen, Zusammenhänge erkennen. Transformation dagegen heißt heute oft: reden, labeln, Buzzwords aneinanderketten. Man produziert Scheinwirklichkeit, aber keine Realität. Oder wie es bei Stanislawsy heißt: Aufnehmen, Bewerten, Entscheiden, Handel. Das waren seine Thesen für glaubwürdiges Theater. Es passt aber auch hier, vor allem, wenn man glaubhaft sein möchte.
In unseren Theatern ist das nicht unbedingt sichtbar. Schlüsselstellen bleiben unbesetzt – Meister, Technische Leiter und noch andere Berufe fehlen. Ohne sie läuft kein Betrieb. Doch stattdessen werden Diversitätsberichte, Nachhaltigkeitspläne und Leitbilder verfasst. Alles gut gemeint, alles wichtig. Nur: der Lappen geht davon nicht hoch. Keine Probe findet dadurch statt, kein Kind packt nicht in die Glasscherben.
Es ist die „Banalität des Blöden“. Nicht das Böse frisst uns auf, sondern die Überfülle an Phrasen und Agenden. Ein Land der Beauftragten, in dem Beauftragte Beauftragte beauftragen, bis niemand mehr weiß, wer eigentlich den Müll vom Boden hebt.
Meine kleine Parkreinigung ist da fast schon ein politisches Statement. Nicht, weil ich die Welt retten will, sondern weil ich sie für fünf Minuten vom Bullshit befreie. Handeln statt palavern. Denken statt transformieren.
Darum die Frage: Wollen wir wirklich qualifizierte und engagierte für unsere Theater – oder reicht es inzwischen, die Agenda-Liste abzuarbeiten, selbst wenn die entscheidenden Stellen leer bleiben?
Die Antwort entscheidet, ob wir die Bullshit-Erschöpfung überwinden – oder uns endgültig häuslich in ihr einrichten.