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Kein Kommentar bitte!
von Hubert Eckart
Es gibt den guten alten Grundsatz, dass man, bevor man einen wichtigen Text abschickt oder veröffentlicht, zuerst eine Nacht darüber schlafen sollte.
Das hat seinen guten Grund, jeder kann es selbst ausprobieren: Schreiben Sie einen Text über ein Thema, das Sie besonders beschäftigt oder aufregt. Lassen Sie diesen liegen und lesen Sie ihn am nächsten Tag nochmals in Ruhe. Nur sehr selten ist man am nächsten Tag noch damit zufrieden und wird Änderungen vornehmen.
Der Nobelpreisträger Daniel Kahnemann hat das in seinem Buch „Langsames Denken – schnelles Denken“ sehr gut beschrieben. Im Gegensatz zu der verbreiteten Annahme, dass wir Menschen rational und analytisch urteilen, sind es in der Regel unser Bauchgefühl, Vorurteile oder einfache Reflexe, die unsere Entscheidungen bestimmen.
Deshalb ist es unsinnig, wenn es in Blogs, online Zeitungen etc. eine Kommentarfunktion gibt. Wer sich die Mühe macht, einmal diese Kommentare zu lesen, wird schnell feststellen, dass es dort jede Menge Unausgegorenes, Banales, Empörtes und Beleidigendes zu lesen gibt.
„Ach hättest Du doch besser geschwiegen!“, denkt man sich.
Wenn man statt eilig verfasster online Kommentare einen Brief an die Redaktion schreiben müsste – nein, auch keine E-Mail – dann gäbe es viel weniger Kommentare, aber dafür sicherlich substanziellere Texte.
Das liegt nicht daran, dass man dafür auch noch das Porto bezahlen müsste, sondern daran, dass ein Brieftext in der Regel das Ergebnis längeren Nachdenkens ist. Und das ist notwendig, denn ein Artikel in einer seriösen Zeitung wird von keinem professionellen Journalisten „nur mal schnell“ geschrieben. Journalistisches Handwerk verpflichtet zu einer sorgfältigen Arbeit auch oder gerade bei kontrovers diskutierten Themen. Es ist daher unangemessen, nach dem einmaligen Lesen eines Textes mal schnell einen Kurzkommentar zu verfassen.
Ähnlich verhält es sich mit den E-Mails. Hier plädiere ich nicht für ein Porto, sondern für eine Lesegebühr. Wenn ich für jede E-Mail, die ich lese, sagen wir mal 50 Cent erhalten würde – und zwar von dem Verfasser – dann würde sich mancher überlegen, ob er seine Nachricht wirklich an mich abschicken muss.
Für mich als Empfänger wäre es dagegen ein deutliches Zeichen dafür, dass es sich lohnt, die Nachricht zu lesen. Im Betreff der E-Mail könnte stehen:
„Diese Nachricht ist wirklich wichtig für Sie – wenn Sie diese Nachricht lesen, erhalten Sie 50 Cent!“
Ich würde dann mein Postfach so einrichten, dass automatisch alle anderen Mails ungelesen mit kühnem Schwung in den digitalen Papierkorb verschoben werden.
Ich stelle mir vor, wieviel Zeit es sparen würde, nicht jeden Tag den großen digitalen Müllhaufen beseitigen müssen und stattdessen wirklich gehaltvolle Nachrichten zu lesen…
Man wird ja manchmal auch träumen dürfen.