
Pressemitteilung: INTHEGA-Kongress 2025 in Bielefeld
3. Juli 2025
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Brauchst nicht zu helfen, ist allein schon schwer genug! Das Missverständnis der pauschalen Wertschätzung
Jetzt lasst mich endlich in Ruhe mit dieser Scheiß-Wertschätzung!
Bei aller Wertschätzung – es gibt Dinge, die einfach keine verdienen.
Wie der Applaus für Projekte, die niemand braucht, keiner versteht und die selten jemand wirklich gut findet – aber alle klatschen, weil man das halt so macht.
Oder die Gürtelrose.
Oder Kollegen, die für nichts ständig Lob einfordern, obwohl sie in Wirklichkeit hauptsächlich am Arbeitsplatz nur existieren – und selbst das die meiste Zeit unkonzentriert und Handy daddelnd.
Insbesondere auch die Teilnahmeurkunde beim Transformationstrinken für die, die gar nicht wussten, dass das Ganze ein wichtiges Projekt war.
Auch der Dank an „alle, die im Hintergrund wirken“, obwohl genau diese Leute sich mit voller Absicht dort verschanzt hatten, um bloß nicht ins Licht gezerrt zu werden.
Flache, unmotivierte Liebedienerei, die nichts kostet und nichts bringt.
Man steht wertfrei gut da, ganz ohne jede Mühe. Hauptsache, es wurde irgendwem für irgendwas gedankt – und man hat wertgeschwätzt.
Wir verwechseln Freundlichkeit mit Gleichmacherei.
Respekt mit Nachweispflicht.
Und Bedeutung mit Bühnenzeit.
Dabei ist es wirklich einfach:
Nicht alles, was existiert, ist deshalb schon wertvoll.
Manche Dinge sind einfach nur – da.
Wie Rückenschmerzen.
Oder die Gürtelrose, über die man nicht spricht, sondern nur stöhnt.
Wie die Schnecken im Garten – zahlreich, entschlossen, ungebeten.
Wie Kalenderwochen: kryptische Nummernfolgen, von denen niemand weiß, wo sie anfangen, wo sie enden oder was sie bedeuten.
Oder Passwörter, die dringend ein Sonderzeichen verlangen, während man selbst gerade alles ist – nur nicht besonders.
Wann genau haben wir verlernt, Dinge einfach mal nicht gut zu finden?
Wann ist das kleine Wörtchen „Nein“ eigentlich so verdächtig geworden?
Der wirklich erwachsene Umgang mit der Welt beginnt da, wo man ohne schlechtes Gewissen sagen kann:
„Danke, aber das braucht kein Mensch.“
Nicht alle müssen „mitgenommen“ werden.
Nicht jede Meinung ist ein „wertvoller Impuls“.
Nicht jede E-Mail ist „hilfreich“.
Und nicht jeder Handgriff verdient Applaus, nur weil er stattgefunden hat.
Wirkliche Wertschätzung setzt Unterscheidung voraus.
Wenn alles gleich viel wert ist – ist nichts mehr etwas wert.
Die Fähigkeit, zwischen dem Guten und dem bloß gut Gemeinten zu trennen.
Zwischen echter Unterstützung und pädagogischem Übergriff.
Zwischen Stille und Stummgeschaltetsein.
Wir sollten aufhören, unsere Aufmerksamkeit mit Danksagungen zuzukleistern wie eine Litfaßsäule mit Werbeplakaten für Veranstaltungen, zu denen niemand geht.
Wenn alles gleich viel wert ist – ist nichts mehr etwas wert.
Manches darf man auch einfach anschauen, seufzen – und still zur Seite legen.
Ohne Feedback.
Ohne Folgeprojekt.
Ohne Applaus.
Einfach so.